Lützschena-Stahmeln und die Eisenbahn - Folge 2
Ein Rangierbahnhof für die Königlich-preußische Eisenbahn sollte 1899 nördlich von Stahmeln und in der Nähe von Wahren gebaut werden, um den Magdeburger und Thüringer Bahnhof in Leipzig zu entlasten. Die nördlich davon liegenden Flurstücke Stahmelns wurden dem Exerzierplatz Lindenthal zugeordnet. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden nämlich alle Rangierbahnhöfe vom Leipziger Zentrum in die Vororte verlegt. Hierbei entstand auch der Güterbahnhof Leipzig-Wahren, der am 9. April 1905 eröffnet wurde. Auf seinem Gelände lag im Norden das Bahnbetriebswerk (Bw), in dem die Lokomotiven hauptsächlich für den Güterzugverkehr stationiert waren. Ihre Wartung und Reparatur erfolgten in den beiden Halbrund-Lokomotivschuppen, Wasserkrane und Kohlebansen gehörten dazu.
 
      Ein Wasserturm der Bauart Barkhausen wurde 1905 von der Firma Klönne aus 
      Dortmund gebaut. Ein weiterer Wasserturm wurde 1916 gebaut. In ihnen wurde 
      Wasser für die Dampflokomotiven gespeichert, das speziell aufbereitet wurde, 
      um die Ablagerung von Kesselstein in den Kesseln der Lokomotiven zu verringern. 
      Beide sind verkehrs- und technik-geschichtliche Denkmale von herausragender 
      Bedeutung durch die im Leipziger Raum einzigenWassertürme dieser Bauart. 
      Deshalb stehen sie auch auf der Liste der Kulturdenk-male in Lützschena-Stahmeln.
      Auf dem weitläufigen Gelände befanden sich das Bww – Bahnbetriebswagenwerk, 
      Lokleitung Bahnmeisterei, Stellwerke und verschiedene Dienst- und Verwaltungsgebäude. 
      Heute sind sie entweder verschwunden oder nur noch Ruinen.
      
      Im Süden war der Rangierbahnhof. Ging man von der SchuleStahmeln nordwärts, 
      dann wurde die befestigte Straße zu einem Feldweg, der vor dem "Südberg" 
      endete, einem Ablaufberg. Die ankommenden Güterzüge wurden westlich von 
      ihm getrennt, d.h. die Waggons wurden voneinander abgekuppelt und ihre Bremsen 
      gelöst. Von einer Lok wurden sie dann auf den "Eselsrücken" gedückt. 
      Nachdem sie seinen Scheitelpunktes passierten rollten sie selbständig hinab 
      und wurden vom Ablaufstellwerk in die verschiedenen Richtungsgleise gelenkt. 
      Hier stellte man sie wieder zu Zügen zusammen, die nun in bestimmte Richtungen 
      gefahren werden konnten. Auch das ist heute Geschichte, denn hier verläuft 
      die S-Bahn und besteht das KV-Terminal.
      Mit dem Bau des Rangierbahnhofs einher ging auch die Umgestaltung des Streckenverlaufs 
      nördlich von unserer Ortschaft. So zweigte das Gleis für die Personen- und 
      Schnellzüge westlich des Haltepunktes Lützschena ab und führte in weitem 
      Bogen um den Rangierbahnhof herum und kam bei Wahren wieder an die alte 
      Strecke. Das erforderte 1905 den Bau von zwei Bahnbrücken über die Bahnstraße, 
      in der Mitte der Aufgang zu dem Bahnsteig. 
Die Brücken sind genietete Stahlkonstruktionen, getragen von Klinkermauern mit Sandsteingliederung. Auch sie stehen auf der Liste der Kulturdenkmale in
 Lützschena-Stahmeln. 
      Eine dritte Brücke diente dem Güterverkehr zum Rangiebahnhof bzw. weiter 
      in Richtung Leipzig. Sie werden nicht mehr genutzt und gewartet, so dass 
      ihre Tage gezählt sind und sie abgerissen werden bevor die böse Korrosion 
      sie einstürzen lässt. Auf dem Brückenneubau aus dem Jahre 2003 verlaufen 
      jetzt drei Gleise, von denen zwei der S-Bahn vorbehalten sind. 
Das dritte dient aber dem Güterverkehr. Vor allem nachts rollen hier Güterzüge, 
      was mit erheblichem Lärm verbunden ist. 
      
 
    
Alle Bemühungen des Ortschaftsrates oder des Stadtrates in Leipzig, dass 
      die Deutsche Bahn Lärmschutzmaßnahmen durchführt, schlugen bisher fehl. 
      Besonders betroffen sind hier die Bewohner des 1906 bis 1908 erbauten Eisenbahner-Wohnhauses 
      Bahnstraße 51 und 53. Es ist ebenfalls in die Liste der Kulturdenkmale aufgenommen, 
      weil es ein stattlicher Putzbau mit Ziegelgliederungen ist.
      
      Text und Fotos: Horst Pawlitzky