100 Jahre Westschule Lützschena 1908 – 2008

Ein Beitrag von Steffen Berlich

 

Am 12. Oktober 1908 erfolgte die feierliche Einweihung der Westschule, des damals neuen Schulhauses für Hänichen und Quasnitz, am heutigen Windmühlenweg. Im hiesigen Pfarrarchiv befinden sich noch Exemplare der Original-Einladung zur Weihe-Versammlung vormittags 10 Uhr. Darin ist zu lesen: Während der Feierstunde erklangen Kirchenlieder mit eigens für das historische Ereignis gedichteten Texten, und Reden wurden gehalten zum Abschied vom alten Schulhaus und zur Schlüsselübergabe für das neue Gebäude.

 

Im Rahmen meiner Recherchen zum Jubiläum 100 Jahre Westschule fand ich ebenfalls im Pfarrarchiv den Hinweis auf das Tagebuch des Kirchschullehrers Hahn, das jetzt bei seinem Urenkel im Vogtland verwahrt wird. Ein besonderer Dank gilt seiner Familie Falckenberg aus Neuensalz, die uns das Tagebuch zum Kopieren zur Verfügung gestellt hat und so das Pfarrarchiv um eine wichtige Quelle zur Ortsgeschichte bereichert.

Paul Herman Hahn wurde am 20. Februar 1859 in Kleinhartmannsdorf geboren. Nach der Lehrerausbildung im Seminar zu Grimma und mehreren Anstellungen in Lenkersdorf, Selis und Obercrinitz, übernahm er 1894 die Kirchschullehrerstelle in Hänichen, die er bis 1918 inne hatte.

 

Über die Weihe der Westschule schreibt Lehrer Hahn in seinem Tagebuch: „Zur Schulweihe musste ich an der der alten Schule die Abschiedsrede halten. Schulrat Zimmler hielt die Weiherede in der Schule.“ Sehr bildhaft ist jedoch Kirchschullehrer Hahns Beschreibung der alten Schule neben der Hainkirche. die ich hier auszugsweise wiedergeben möchte:

„Die alte Schule, das Kirchschulgebäude, war sehr alt, alles war wacklig von der Haustür an bis zur Esse. Links unten war die Schulstube mit uralten von den Kindern zerschnitzten Bänken, ein ebenso uralter Ofen und einem kleinen unansehnliche Pulte, ausgetretenen Dielen, wackligen Fenstern und alten Fensterläden, einem alten Schranke und Wandtafel. Hier habe ich 14 Jahre lang, von 1894 bis 1918 unterrichtet in Volks- und Fortbildungsschule …“

 

Paul Herman Hahn  berichtet dann auch über die Wohnung der Lehrerfamilie, über  „… die kleine winkelige Wohnstube mit einem Fenster nach Norden und einem nach Süden, vor dem aber der Stall stand und keine Sonne hereinließ. In einem Anbau daneben war noch eine Stube, die uns meist als Schlafkammer gedient hat. Zwischen Stube und Schulstube lag die kleine finstere Küche. … Eine hölzerne Treppe führte hinauf zu einem kleinen Vorsaal (und sich anschließenden fünf Kammern). … Eine zweite Treppe führte zum Überboden. … Gleich neben dem Waschhaus stand ein alter Schuppen mit einem unterirdischen Keller. Dieser war sehr schön, im Sommer kühl, im Winter warm, zum Kartoffel- und Weinkeller sehr geeignet. … Im Schuppen lagen Holz und Kohle. Durch den anliegenden Garten führte ein Laubengang zum hinteren Hof, wo noch ein Stall stand mit Waschhaus, Hühner-, Gänse- Schweinestall und Abort. … Hühner und Tauben, auch mal Enten hatten wir meist und verkauften Eier. … Ein Schwein haben wir uns nie selbst gemästet, wir kauften es uns fett, das erste 1894 für 37 M den Centner….

Über die Straße drüben hatten wir noch ein Stück Garten, wo wir meist Kartoffeln anbauten. Auch hatte ich eine Anzahl Pflaumenbäume hierin gepflanzt, die ganz hübsch trugen. Für diesen Garten wurden mir aber 3 Mark alljährlich am Gehalt gekürzt, so dass ich, als ich herkam außer den gesetzlichen Alterszulagen nur 997 Mark Gehalt bezog, darunter 445 M von der Kirche, 90 M für die Kirch(dienste), 72 M für die Fortbildungsschule und freie Wohnung (…) u. Wasser. … Zur Schulstubenheizung bezog ich anfangs, glaube ich, 60 M, das später auf 100 M stieg. … Davon hatten wir auch fast unsere Heizung mit….“

 

Soweit Auszüge aus Lehrer Hahns anschaulichen Bericht. Hundert Jahre später nach der Einweihung der Westschule, fand am 14. September 2008 in der Hainkirche ein Gedenkgottesdienst statt. Es erklangen die für die Einweihung 1908 umgetexteten Lieder und an der Stelle der Abschieds- und Weiherede wurden Abschnitte aus dem Tagebuch des Kantors Hahn verlesen. Die zahlreich erschienen Kinder konnten im Kindergottesdienst eine Vorlage mit den Umrissen der Westschule nach dem Motto „Wie stelle ich mir die Schule in 100 Jahren vor“ ausmalen- und umgestalten.