Auenkurier
Juni 2006

 

 

 
Jagd in unserer Region
Waidmannsheil und Waidmannsdank


Die Gesprächsrunde bestand aus erfahrenen Experten. Am Tisch saßen Männer alter Schule, die sich gleichermaßen als Jäger und Naturschützer ausgewiesen und bewährt haben.
Im Revier rings um Lützschena und Stahmeln sorgen sie für einen ausgewogenen Wildbestand und den Schutz der natürlichen Umwelt. Ihre besondere Sorge gilt dabei der Ordnung und Sicherheit
. Der Jagdpächter unter ihnen ist der in Lützschena wohnende Rechtsanwalt Karlheinz Krusche.
Seit 25 Jahren ist er als Jäger aktiv. Seine auf jeweils 9 Jahre ausgelegte Pacht ist an einem bestimmten Grund und Boden gebunden.
Der Jagdpächter pachtet die Jagd von der Jagdgenossenschaft. Pflichtmitglieder in der Jagdgenossenschaft sind die Eigentümer von Grund und Boden. Nach der Eingemeindung von Lützschena-Stahmeln nach Leipzig ist Verpächter die Jagdgenossenschaft Leipzig. Dem Jagdpächter Karlhein Krusche zur Seite stehen in enger Zusammenarbeit die Jagdaufseher, die am Gespräch teilnahmen, voran Schmiedemeister i. R. Rolf Wönicker, der bereits 46 Jahre das Waidwerk ausübt. Er war schon während der DDR-Zeit Jagdleiter und ist übrigens der Lehrmeister von Karlheinz Krusche. Die beiden anderen anwesenden Jäger, Klaus Gründler und Jürgen Richter, beide heute ebenfalls erfahrene Jäger, sind seit 30 Jahren auf der Pirsch in Wald und Flur. Bevor die Jäger ihre Jagderlaubnis erhielten, mussten sie eine umfangreiche Jägerprüfung ablegen und gingen mehrere Jahre zuvor als Jagdhelfer oder Jagdhundeführer der gestandenen Jägerschaft zur Hand.
Heute brauchen die Jäger nicht nur Fertigkeiten im waidgerechten jagdlichen Schießen, sondern auch umfangreiche Kenntnisse im Jagdrecht, Naturschutzrecht, Kenntnisse auf wildbiologischen, landwirtschaftlichen und veterinärmedizinischen Gebieten. Eng arbeiten die Jäger mit dem Naturschutzbund zusammen.
Sie pflanzen u.a. Bäume, bewahren den Jungwuchs durch das Anbringen von Manschetten vor Wildverbiss und betreuen sorgsam ihre „Kanzeln“, allgemein als Hochsitz bekannt. Hardlinern unter den Tierschützern, die von „Mord“ und „Quälerei“ bei der Jagd faseln und sie am liebsten ganz abschaffen würden, ohne die verheerenden Folgen zu bedenken, bieten unsere Jäger keinerlei Angriffsflächen.

Die Jäger erzählen
Zunächst skizzieren sie ihren 790 Hektar umfassenden Jagdbezirk. Er wird im Norden von der Autobahn A 14 begrenzt, zieht sich im Westen an Modelwitz entlang, um dann in Richtung Osten den Auwald, den Sternburgschen Schlosspark und die Felder bis an die Burgaue einzubeziehen.
Das Revier ist ein typisches Feldgebiet. Nur 50 Hektar sind Wald, aber 615 Hektar Feld und 25 Hektar Wasser, die restlichen 100 Hektar sind für die Jagd nicht relevant.
Der ganze Stolz der Jäger sind ihre leistungsgeprüften Jagdhunde. Karlheinz Krusche hält als treuen Gefährden einen Vorstehhund Deutsch-Langhaar. Die anderen drei Waidmänner haben Deutsch- Drahthaar-Vorstehhunde an ihrer Seite.
Die Hunde mussten bis zu ihrer Gebrauchsfähigkeit bei der Jagd anspruchsvolle Jagdhundeprüfungen ablegen. In aller Regel werden drei Prüfungen abgelegt.
Die Meisterprüfung ist dabei die Vollgebrauchsprüfung. Die Ausbildung eines Jagdhundes dauert zwei bis drei Jahre. Auch im weiteren Leben müssen sich die Jagdhunde regelmäßig harten Leistungsanforderungen unterziehen, vor allem beim Apportieren von Niederwild, bei der Entenjagd und im Aufspüren verletzten Wildes bei der Nachsuche. Immerhin ist der Wert eines hochqualifizierten Jagdhundes jagdwirtschaftlich sehr bedeutend.
Für die Waidmänner gilt heute wie früher nach wie vor: „ohne Hund ist die Jagd Schund“. Unsere Jäger können nicht wild in der Flur herumballern.
Sie haben im Laufe eines Jagdjahres, das, abweichend vom übrigen Kalenderjahr, vom 1. April eines Jahres bis zum 31. März des folgenden festgesetzt ist, vorgeschriebene vom Jagdbeirat der Jagdbehörde Leipzig bestätigte Abschusspläne und auch die gesetzlich vorgeschriebenen Schonzeiten zu beachten.

Tiere in unserer Region

So dürfen beispielsweise bei Rehwild innerhalb eines bestätigten Dreijahresplanes nur 47 Stück erlegt werden und das auch nur in einer Auswahl nach feststehenden biologischen Gesetzmäßigkeiten. Es gibt keinen Totalabschuss bei Rehwild, wie manchmal von Jagdgegnern boshaft behauptet wird.
Der Bestand muss lediglich reguliert werden; denn der Verbiss junger Gehölze und die Fegeschäden, wenn Rehböcke den Bast von ihrem Gehörn an Bäumen und Büschen abschaben, sind zeitweilig beträchtlich.
Nimmt der Bestand an Rehwild über das verträgliche Maß hinaus zu, so werden gemeinschaftliche Ansitzjagden oder eine so genannte Bewegungsjagd mit Treibern mit den benachbarten Jagdpächtern und den Forstämtern der Stadt Leipzig und des Landes Sachsen durchgeführt. Das Schwarzwild kann das ganze Jahr über geschossen werden, außer führende Bachen. Unsere Jäger erlegten 2004 dreizehn und 2005 zehn Stück davon. Hier findet obligatorisch einmal im Jahr eine Bewegungsjagd mit Unterstützung benachbarter Jagdfreunde statt. Ziel bei der Schwarzwildjagd ist es, vorwiegend Überläufer und Frischlinge zu bejagen.
Denn die Reproduktionsrate bei Schwarzwild beträgt ca. 160 % jährlich. Auf keinen Fall dürfen führende Bachen oder die Leitbachen geschossen werden. Ist die Leitbache weg, bricht in der Rotte das Chaos mit unübersehbaren Folgen aus. Kenner wissen, welch beträchtliche Schäden die Rotten der aus dem Familienverband herausgerissenen Wildschweine auf Feldern und in Gärten anrichten. Fehlende strenge Winter bringen auch auf diesem Gebiet das biologische Gleichgewicht durcheinander, dass ohne die verdienstvolle Tätigkeit der Jäger durch das Fehlen natürlicher Feinde des Wildes ohnehin auf Dauer aus den Fugen geraten würde.
In unserer Region leben nun einmal keine Wölfe. Bei der Wildentenjagd, die von Zeit zu Zeit an Elster und Luppe stattfindet, sind in erster Linie die Erpel das Ziel. Sie sind in einer Überzahl, dass sie den Enten stark zusetzen und sie bedrängen, wenn in dem Bestand nicht regulierend eingegriffen wird.
Wegen der Gefahr von Tollwut und der Verbreitung des Fuchsbandwurmes werden Füchse ganzjährig streng bejagt, außer die für die Aufzucht der Jungfüchse notwendigen Elterntiere. Indessen wird das Niederwild sehr moderat bejagt.
Der Bestand von Fasanen, Hasen und Rebhühnern ist in den letzten Jahrzehnten durch die Modernisierung der Landwirtschaft im Feldgebiet so rapid zurückgegangen, dass Schutzmaßnahmen dringend geboten sind. Bei jeder Jagd sind die Jäger verpflichtet, so waidgerecht und genau wie möglich zu schießen, um ein Tier sofort zu töten. Ist klar, dass es lediglich verletzt wurde, ist die Nachsuche mit Hilfe des Jagdhundes und die Befreiung des angeschossenen Tieres von jeglichen Qualen ein ehernes ethisches Gesetz für jeden Jagdausübenden.

Sorgen unserer Waidmänner
Zunehmend zu schaffen machen ihnen die neuen eingewanderten Tierarten, die eigentlich nicht in die Landschaft der Leipziger Tieflandsbucht und des Auwalds gehören, beispielsweise Waschbären und Marderhunde.
Jährlich begehen sie umfangreiche Schäden innerhalb und außerhalb menschlicher Lebensbereiche und wandern im verstärkten Maße auch in unsere Landschaft ein. Und ein weiteres Problem belastet die Jäger. Durch den Bau der neuen B 6, den Ausbau der Intercitystrecke, der S-Bahn-Strecke Halle-Leipzig und der A 14 wurden auch die jahrzehntelangen Wege des Wildwechsels berührt.
Die Tiere, die sich von ihrem angeborenen Instinkt leiden lassen, können sich an die plötzlich vorhandenen Straßen- und Verkehrswege nicht gewöhnen. Unfallwild, besonders unter Rehen, Füchsen und Dachsen tritt immer häufiger auf.
Es muss durch die Jäger, wenn erforderlich, zu jeder Tag- und Nachtzeit, fachgerecht entsorgt werden. Doch unsere Jäger sind keine berufsmäßigen Tierkörperbeseitiger. Überfahrene Hunde, Katzen, Igel und weitere Tiere gehören nicht zu ihrem Aufgabengebiet. Vielmehr müssen in solchen Fällen dafür zuständige Firmen auf den Plan gerufen werden.
Einen Rat und eine Bitte geben die Jäger auch den Hundebesitzern. Leinenzwang ist auch in der Nähe von Feldern und Waldgebieten ratsam. Gerät ein übermütiger Hund in seinem Jagddrang in die Nähe einer Schwarzwild-Rotte, so ist das Hundeleben in Gefahr. Auch die Hatz hinter dem Hasen endete auf mancher Straße schon tödlich. Der Schutz des Jungwildes wie Kitzen, Junghasen, Jungfasanen etc. ist leider nicht für jeder Mann selbstverständlich.
Die dankbar aufgenommen Erzählungen unserer vier Jäger, um die sie die Redaktion des Auen-Kuriers gebeten hatte, waren spannend und lehrreich.
Nichts ist ihnen fremd, was die Jagd betrifft. Selbst beim Jägerlatein sind sie Meister Ihres Fachs.

Gottfried Kormann
Fachberatung bei der Endredaktion: Karlheinz Krusche

  


zurück | Auenkurier Hauptseite | Seitenanfang

© 2006Lützschena-Stahmeln